Freitag, 19. April 2024
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„EU-Beitritt der Türkei nicht ausschließen“

aus der Allgäuer Zeitung vom 02.07.2013

Tomaten und faule Eier solle man nicht gleich bereithalten, schmunzelte Ingmar Niemann zu Beginn seines Türkei-Vortrags. Der Politologe war auf Einladung der CSU Kempten-Süd und der Jungen Union Kempten ins Pfarrheim St.Anton gekommen. Aber was er sagen wolle, entspreche nicht ganz der Meinung in der CSU-Spitze.


Hatte sich doch Ministerpräsident 
Seehofer dieser Tage erneut gegen eine türkische EU-Vollmitgliedschaft ausgesprochen. Tatsächlich gebe es dort „demokratische Defizite“, wie das Vorgehen Erdogans gegen Protestanten zeige, erklärte Niemann. Aber: Den seit 50 Jahren bestehenden Wunsch Ankaras nach europäischer Integration müsse man sich dennoch ernsthaft durch den Kopf gehen lassen. Schließlich verfüge die Türkei über eine „außerordentliche geopolitische Lage“, betonte der Experte. Das Land sei quasi das Brückenglied zwischen der westlichen und arabisch-islamischen Welt, könne auch mäßigenden Einfluss auf die Staaten in seiner Umgebung ausüben. Darüber hinaus diene die Türkei als Energiekorridor für reiche Erdölund Erdgasvorkommen.  

Autoritärer Führungsstil 
wird angeprangert

Gleichwohl habe sich die wirtschaftlich 
erfolgreiche Regierung Erdogan von den Vorstellungen Atatürks entfernt, dessen moderne türkische Republik auf einer  Trennung von Staat und Religion beruh. Die Gezi- Park-Demonstranten prangerten den zunehmend autoritären Führungsstil Erdogans an. Darunter fielen auch verstärkte Zensuren und Sanktionen gegenüber Regierungskritikern.

 

Das alles passe nicht in den Wertekanon der Europäischen Union, so ein Diskussionsteilnehmer. Ein EU Eintritt der Türkei liege auch deshalb noch in weiterer Ferne, weil dieser von Frankreich seit langem konsequent abgelehnt werde, so Niemann. Dort – wie auch in Teilen Deutschlands – habe man Angst, dass durch Zuwanderung und eine höhere Geburtenrate der neuen Bürger eine Verdrängung der eigenen Kultur stattfinde, so Niemann. Dennoch ist der Politologe überzeugt, dass aufgrund der zu erwartenden Wanderbewegungen Europa in 50 Jahren nicht wiederzuerkennen sei. (mr)

 

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